Drucksituation in der mündlichen Verhandlung
Es handelt sich um eine Situation, die Darlehensnehmern, Fondszeichnern, Immobilien- und Aktienkäufern und anderen Kapitalanlegern nicht unbekannt sein dürfte: Ein Klageverfahren eines Verbrauchers endet unter dem Eindruck einer Gerichtsverhandlung mit einem wenig günstigen Vergleich: Wenig günstig, weil gegen ein relativ kleines Entgelt / Nachlass der Beklagten- /Bankenseite alle Ansprüche des Anspruchstellers abgegolten sein sollen.
gerichtliche Vergleiche unwirksam bei Verstoß gegen zwingende gesetzliche Vorschriften
Auch vor Gericht geschlossene Vergleiche dürfen nicht gegen zwingende gesetzlich Vorschriften verstoßen und können daher unwirksam sein.
aktueller Fall: unwirksamer Vergleich nach Darlehenswiderruf
In der Vergangenheit wurden Darlehen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen, sowohl in der Form von Immobiliendarlehen als auch in der Form von nicht grundpfandrechtlich besicherten verbundenen Verbraucherdarlehen vielhundertfach widerrufen. Anschließend wurde vor Gerichten über die Wirksamkeit des Widerrufs verhandelt und die Rechtsstreite nicht selten im Wege des Vergleichs -s.o.- erledigt.
Solche Vergleich könnte unwirksam sein. Diese Annahme hat ihren Grund in der Rechtsnatur des Widerrufs als sog. „Gestaltungsrecht“. Einmal ausgesprochen ist der Darlehensvertrag unwiderruflich beseitigt. Es gibt dann nichts mehr, was in der mündlichen Verhandlung bestätigt oder geheilt werden könnte.
Für die Begründung einer Darlehensverpflichtung ist nach diesseitiger Auffassung ein völlig neuer Darlehensvertrag unter Beachtung der verbraucherrechtlichen Schutzvorschriften zu schließen.
Umgehungsverbot nach § 512 BGB
Für nicht grundpfandrechtlich besicherte Verbraucherdarlehen ordnet § 512 BGB an, dass die verbraucherschützenden Vorschriften, damit auch die Anordnung der Rechtsfolgen des Widerrufs, nicht umgangen werden dürfen. Vereinbarungen, die eine Umgehung darstellen, sind danach nichtig.
Ein Vergleich, wonach ein widerrufener Darlehensvertrag wirksam sei, ist eine solche Umgehung zwingender verbraucherschützender Vorschriften . Er schneidet einem Verbraucher weitreichende Rechte, etwa aus § 358 BGB ab. Dabei ist es für den Umgehungscharakter und damit die Nichtigkeit unerheblich, ob ein solcher Vergleich in oder außerhalb eines Gerichtssaals geschlossen wurde.
Rechtsfolgen eines unwirksamen Prozessvergleichs
Ein unwirksamer Prozessvergleich beendet das Gerichtsverfahren nicht. Das Verfahren besteht fort. Ein unwirksamer Prozessvergleich regelt auch aber die Rechtslage nicht neu. Frühere Ansprüche bestehen fort.
Für den Fall eines unwirksamen Prozessvergleichs über den Widerruf eines verbundenen Verbraucherdarlehens bedeutet dies nach diesseitiger Auffassung, dass ein von der Bank behaupteter Anspruch auf Rückzahlung eines endfälligen Darlehens auch dann nicht besteht, wenn ein Darlehen seit vielen Jahren in Folge eines gerichtlichen Vergleichs irrtümlich als wirksam behandelt wird. Das ist auch die streitgegenständliche Konstellation.
Das angerufene Landgericht wird hierüber zu befinden haben.